Flüchtlinge mit türkischer Staatsangehörigkeit im EU-Deutschland! Wie das, Herr Erdogan?
Nun sind es mittlerweile knapp 100 junge Männer, die in der "Zeltstadt-Nord" (Ravensburg) leben. Männer - wie es in der Zeitung heißt - die überwiegend aus Syrien und der Türkei stammen. Als auch Menschen, die nicht durch die Türkei, sondern aus der Türkei zu uns gekommen sind. In den 1990er und 2000er Jahren waren das überwiegend türkische Kurden - aber auch türkische Nichtkurden.
Nun hat es mich interessiert, wie es grundsätzlich aktuell - nicht nur Ravensburg betreffend - mit Flüchtlingen aus der Türkei (also mit türkischem Pass/Ausweis) in Deutschland aussieht. Und zwar aus einem ganz bestimmten Grund: Die Türkei strebt seit Jahrzehnten - und immer noch aktuell - an, Mitglied der EU zu werden. Werden die europäischen Werte denn in der Türkei "verteidigt"?
Die Türkei-Expertin Ulrike Flader von der Universität Bremen sagte Ende Februar 2023: "Die Demokratie in der Türkei existiert nur noch als Fassade. Menschenrechte sind extrem eingeschränkt, die grunddemokratischen Freiheiten werden nicht eingehalten. Versammlungsfreiheit ist eingeschränkt, Meinungs- und Pressefreiheit existieren quasi gar nicht mehr und die Justiz ist quasi zum Parteiorgan geworden, so dass faire Gerichtsverfahren gar nicht mehr existieren. Es ist ein willkürliches System geworden."
Das im Oktober 2022 verabschiedete sogenannte Desinformationsgesetz der Türkei gilt als ein Instrument, um die Meinungsfreiheit einzuschränken. In dem Gesetz richtet sich der Artikel 29 gegen falsche Informationen, die geeignet sind, den "inneren Frieden der Türkei" zu stören. Konkret genannt werden Falschinformationen über die Sicherheit des Landes, seine öffentliche Ordnung oder die allgemeine Gesundheit. Es können Haftstrafen von bis zu drei Jahren verhängt werden.
Das Gesetz hat damit die Lage für alle (also nicht nur Kurden) unsicherer gemacht, die in irgendeiner Form öffentlich Informationen austauschen – insbesondere, wenn sie sich kritisch äußern oder auf Missstände hinweisen. Da es hier einen großen Interpretationsspielraum, was als Falschinformation oder irreführende Informationen angesehen wird, seitens der Regierung Erdogan gibt, ist die Anwendung des Gesetzes nicht vorhersehbar.
Speziell für Kurd/innen ist es kaum möglich und sogar äußerst gefährlich, sich kritisch zu äußern und daher so gut wie nicht möglich. Kurden stehen in der Türkei unter dem Generalverdacht, mit der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK zu sympathisieren und Terroristen zu unterstützen. Aber auch wenn Akademiker oder Studierende auf die Straße gehen und demonstrieren, wird allen eine Nähe zur PKK vorgeworfen, um so ihre Kritik zu diskreditieren.
- Laut der deutschen Bundespolizei wurden im Jahr 2022 = 9.100 unerlaubte Einreisen von türkischen Staatsangehörigen festgestellt. Im Jahr 2021 waren es knapp 2.500. Damit ist die Türkei nach Syrien und Afghanistan das drittstärkste Herkunftsland von Flüchtlingen! Genau diese Reihenfolge spiegelt sich auch bei den Asylanträgen wider. Laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge haben im Jahr 2022 == 23.938 türkische Staatsangehörige Asyl-Erstanträge gestellt – ein Zuwachs von mehr als 230 Prozent im Vergleich zu 2021.
Quelle: https://www.br.de/nachrichten/bayern/warum-immer-mehr-tuerkische-staatsbuerger-nach-deutschland-fliehen