Bei Dr. Künski im Wartezimmer - Dialekt, Akzent und Nuscheln sind unerwünscht ...
Eines der KI-gestützten Assistenzprogramme ist "Aaron.ai". Interessant dabei: Aaron war der Bruder des Propheten und Religionsgründers Moses und unterstützte ihn mit großem Engagement bei dessen Aufgaben.
"Aaron" soll die fehlende Sprechstundenhilfe ersetzen und/oder den telefonischen Andrang entschärfen, die Anamnese vereinfachen oder Patienten durch das Gesundheitssystem lotsen. Nun stellen Sie sich vor, Ihr Haus- und/oder Facharzt, hat einen solchen Aaron "eingestellt".
Der (männlich) intelligente Telefonassistent „Aaron.ai“ soll dann die Praxis Ihres Arztes in Zukunft unterstützen, indem er Anrufe entgegennimmt. Sobald Sie dort in der Praxis anrufen, prüft er, ob eine Kolleg/in mit Fleisch und Blut für Sie zu sprechen ist. Wenn das nicht der Fall ist, übernimmt er selbst: Zu Beginn fragt Sie Aaron gemäß DSGVO, ob Sie mit der Aufzeichnung des nun folgenden Dialogs (?) einverstanden sind. Antwortet Sie mit „ja“, wird das Gespräch mitgeschnitten und gespeichert, sowohl als Tonspur als auch schriftlich. Sagen Sie aber "nein", wird der Dialog nur schriftlich erfasst.
Dann will „Aaron/in“ wissen, warum Sie denn anrufen. Je nachdem wie Ihre Antwort ausfällt (ich habe starke Halsschmerzen), reagieren der Assistent entsprechend. Geht es um ein Rezept gegen Halsschmerzen, bittet Aaron Sie darum, den Namen des Medikaments und die Dosierung zu nennen. Auch andere Standardanfragen wie ein Termin beim Arzt so bald als möglich, oder die Frage nach dem Ergebnis, ob Ihr Coronabefund positiv oder negativ ist, kann der Assistent erfassen. Abschließend fragt der Helfer nach Ihrem Namen, Geburtsdatum und Ihrer Versicherung.
Falls Ihr Gespräch aufgezeichnet wurde, kann es von den Mitarbeiter/innen in einer Webanwendung gelesen oder selektiv angehört werden. Auch Ihre Telefonnummer ist sichtbar. Die "richtigen" Sprechstundenhilfen können die Anfrage also prüfen und Sie zurückrufen oder Ihnen eine SMS schreiben.
Die Erfinder von diesem Aaron meinen, er (warum eigentlich nicht SIE) spart das, was ein Arzt oder Ärztin nicht haben: Zeit. Denn dem Assistenten würden Ihrerseits keine Romane erzählt und der Patient, die Patientin würden am Telefon nicht rumheulen, sondern die ganze Kommunikation würde zielgerichtet ablaufen (wäre das nicht auch was für das Ravensburger Rathaus? :). Sagen Sie zum Beispiel dem Aaron, es gehe hier um einen Notfall, weist er Sie darauf hin, dass der Bereitschaftsdienst oder die 112 gewählt werden sollten. In der Webanwendung ist der Anruf markiert.
Der Arzt, nennen wir ihn mal Dr. Künski, oder sein Praxisteam, können selbst einstellen, zu welchen Zeiten „Aaroni“ ans Telefon geht. Bei Bedarf kann er alle Anrufe direkt annehmen, ohne vorher zu prüfen, ob ein Mitarbeiter zu sprechen ist. Er beherrscht auch Türkisch, Arabisch und Russisch/Ukrainisch, und grüßt bei entsprechender Einstellung entsprechend mehrsprachig.
Da Aaron über eine Cloud funktioniert, ist keine neue Hard- oder Software für die Arztpraxis erforderlich. Die Installation dauere etwa 10 Minuten, und für eine Schulung würden 15 Minuten reichen.
Die Erfinder des Künski-Helfers räumen ein, dass die Spracherkennung noch nicht perfekt sei. Starke Dialekte, wie Schwäbisch oder Bayerisch und Akzente, sowie Nuscheln und unpassende Bemerkungen, könnten derzeit von Aaron nicht verarbeitet werden.
Aber der ärztliche Telefonassistent kann auf den Terminkalender der Praxisverwaltung zugreifen. Somit kann er für angegebene Zeitspannen selbstständig Termine vergeben und vereinbaren.
Meine jüngste Schwester (ich habe vier Geschwister) wohnt im Schwarzwald und erzählte mir vor wenigen Tagen am Telefon, dass ihr Hausarzt genau diesen "Herrn Aaron" angestellt hat, und sie mit diesem "verhandeln" muss. "Das ist doch aber sehr unpersönlich und kalt, oder?" fragte ich sie. "Ja," meinte sie, "natürlich, und irgendwie auch fremd."
Wenn dann auch noch statt meines Hausarztes demnächst ein Roboter meinen Blutdruck prüft, mir in den Rachen schaut oder sonst wo hinlangt und das Rezept mit "Dr, Künski" unterschreibt, dann werde ich eine Petition beim Ministerpräsidenten einreichen, dass unser Gesundheitsminister durch einen KI-gesteuerten "Manne" ersetzt wird. Der ist kostengünstiger und redet nicht soviel, sondern arbeitet zielorientiert und schließt auch keine Krankenhäuser.