Konflikte: Von "Verhärtung" bis "gemeinsam in den Abgrund" - Im privaten Umfeld und International ...
Konflikte unter und zwischen Menschen gehören zum Leben dazu. Ob in der Ehe, unter Geschwistern, am Arbeitsplatz in der kleinen und großen Politik und - wie wir es gerade erleben - in der ganz großen Politik. "Conflictus" aus dem Lateinischen heißt: Zusammenstoß - von verschiedenen Meinungen, Ideologien, Interpretationen von Ereignissen, Interessen und so weiter ...
Der österreichische Organisationsberater und Konfliktforscher Friedrich Glasl hat ein Modell zur Konflikteskalation bzw. -lösung entwickelt. Konflikte, die einen gewissen Punkt auf der neunstufigen Skala der Konflikteskalation erreicht haben, können demnach nicht mehr ohne Hilfe von außen gelöst werden.
Die neun Stufen der Konflikteskalation teilt Glasl in drei Ebenen ein. Auf den ersten drei Ebenen ist es noch möglich, dass beide Parteien ohne Schaden oder sogar mit Gewinn aus der Sache aussteigen (win-win-Situation). Auf der zweiten Ebene muss einer von beiden der Verlierer sein (win-lose-Situation) und auf der dritten Ebene gibt es auf beide Seiten nur noch Verluste bis zur gegenseitigen Vernichtung (lose-lose-Situation).
Je tiefer man sich in Richtung letzter Stufe begibt, desto primitiver und unmenschlicher werden die Methoden, mit denen die Kontrahenten einen Sieg zu erringen versuchen. Deshalb stellt Glasl sein Modell auch nicht als einen Anstieg zu den höheren Eskalationsstufen dar, sondern als hinabführende Treppe, die buchstäblich immer weiter in die Tiefe der menschlichen Moral führt.
Gerade in den zurückliegenden 367 Tagen, oder 12 Monaten oder 53 Wochen, konnten wir alle miterleben - sogar am Bildschirm unserer Heimkinos - wie so etwas verläuft, wobei ich persönlich meine, dass die Welt bereits bei "lose-lose" angekommen ist. Mit Schuld daran sind auch die NATO, die USA, die EU, die Ukraine und ein gewisses Land, dass sich "Teutsch" nennt. Es ist eben nicht nur Russland. Und ab einer gewissen Stufe können sich die Konfliktparteien auch nicht mehr selbst helfen. Dann braucht es einen Vermittler oder einen Mediator.
Es ist mehr als traurig, dass unserer hoch bezahlten Politiker/innen davon nicht nur keine Ahnung haben, sondern auch noch der festen Überzeugung sind, Panzer und Granaten (Eskalationsstufen 6 und 7, siehe unten) würden Frieden schaffen. Das was ich als kleiner Bürger in meinem Studium zum Konfliktmanager vor 17 Jahren gelernt habe, sollte jeder Politiker/in "intus" haben und aber auch praktizieren.
Und mir wird ganz schwindelig, wenn ich höre, dass der einzige linke Kreisrat im Kreistag Ravensburg seiner Partei den Rücken kehrt, weil diese sich gegen Waffenlieferungen in die Ukraine ausspricht. Sie alle, die uns mit in den Abgrund reißen, werden sich einmal dafür verantworten müssen.
Ebene 1:
Win-Win
Stufe 1: Verhärtung
Erste Spannungen sind spürbar und werden bewusst, verschiedene Meinungen prallen aufeinander, die Fronten können sich verhärten und verkrampfen. Noch ist die Situation harmlos, Meinungsverschiedenheiten sind alltäglich und können durch Gespräche gelöst werden. Noch keine Lager- oder Parteienbildung.
Die Meinungsverschiedenheit wird fundamentaler, die Kontrahenten versuchen den anderen durch rationale Argumente zu überzeugen und unter Druck zu setzen. Jeder beharrt auf seinem Standpunkt, kompromissloses Schwarz-Weiß-Denken und verbale Gewalt setzen ein.
Stufe 3: Taten statt Worte!Der Druck auf den Konfliktpartner wird erhöht, reden hilft nicht mehr, Taten sind nötig! Die verbale Kommunikation tritt in den Hintergrund, mögliche Gespräche werden frustriert und ergebnislos abgebrochen. Der Kontrahent wird vor vollendete Tatsachen gestellt. Das Einfühlungsvermögen für den jeweils anderen weicht Misstrauen und negativen Erwartungen, was den Konflikt noch mehr verschärft.
Lose-Win
Stufe 4: Sorge um Image und Koalition
Die erste Stufe, auf der es nur noch einen Gewinner geben kann. Die Kontrahenten suchen nach Anhängern und Verbündeten, Parteien werden gebildet und gegeneinander manövriert. Imagekampagnen werden losgelassen und böse Gerüchte über die andere Partei verbreitet.
Die Konfliktparteien suchen nicht mehr nach Lösungen, sondern beschuldigen und attackieren sich gegenseitig. Es werden dabei oft auch persönliche Angriffe und Drohungen ausgesprochen. Es geht nicht mehr um die ursprüngliche Sache, sondern darum, den Konflikt zu gewinnen.
Stufe 5: GesichtsverlustDie gegenseitigen Angriffe werden direkt und persönlich, unmoralische „Schläge unter die Gürtellinie“ beginnen. Wo man nur kann möchte man den Gegner bloßstellen. Der Verlust der Moral und des gegenseitigen Vertrauens gehen mit dem Gesichtsverlust einher. Alleine der Anblick des Kontrahenten erzeugt negative Gefühle bis hin zu Ekel.
Stufe 6: DrohstrategienDie Ernsthaftigkeit des Konflikts wird deutlich. Die Konfliktparteien erkennen, dass sie so nicht weitermachen können. Durch Drohung und Gegendrohung versuchen die Konfliktparteien jeweils Oberwasser zu gewinnen. Eine Forderung wird mit einer Bestrafung verschärft und mit dem Beweis der Strafmöglichkeit untermauert (Beispiel: Ein Entführer fordert Geld und droht mit der Ermordung der Tochter, als Beweis schickt er eine Videobotschaft, dass er sie tatsächlich in seiner Gewalt hat).
Je glaubwürdiger die Strafmöglichkeit, desto wirksamer die Drohung und desto eher wird der Forderung nachgekommen. Hier geht es darum, wer mehr Macht besitzt und somit die schlimmsten Bestrafungen durchsetzen kann. Die widerlichen Drohungen auf beiden Seiten klaffen wie eine Schere auseinander, der Konflikt wird weiterhin immer schlimmer.
Ebene 3Lose-Lose
Stufe 7: Begrenzte Vernichtungsschläge
Die erste Stufe, wo der eigene Schaden in Kauf genommen wird, wenn nur der Schaden des anderen größer ist. Mit der Menschlichkeit ist es jetzt vorbei, alle Tricks werden angewendet, um dem Kontrahenten zu schaden. Der Gegner wird nicht mehr als Mensch, sondern als Ding ohne Gefühle wahrgenommen. Werte und Tugenden treten in den Hintergrund.
Oberstes Ziel ist der Zusammenbruch des feindlichen Systems. Die Konfliktparteien sind nicht mehr bereit miteinander zu kommunizieren, sondern arbeiten mit Drohungen und Ultimaten und wollen Zugeständnisse erzwingen. Es kommt vermehrt zu Machtdemonstrationen um die andere Seite einzuschüchtern. Die Frontkämpfer werden von ihren Verbündeten und der Versorgung abgeschnürt, lebenswichtige Funktionen werden attackiert bis zur physisch-materiellen, seelisch-sozialen oder geistigen Zerstörung.
Stufe 9: Gemeinsam in den AbgrundEs führt kein Weg mehr zurück, es kommt zur totalen Konfrontation der beiden Parteien. Wenn man den Gegner mit in den Abgrund reißen kann, dann springt man. Die Selbstvernichtung wird in Kauf genommen. Schäden an der Umgebung bzw. an Nachkommen halten die Kontrahenten nicht mehr von ihrer gegenseitigen Vernichtung ab.
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Das Modell der DeeskalationDie Konflikte der Stufen 1-3 sind noch friedlich untereinander zu lösen. Die Konflikte sind noch nicht so weit eskaliert, dass sie außer Kontrolle geraten sind. Die Konfliktparteien haben noch die Chance, den Konflikt miteinander zu besprechen und gemeinsam Lösungen zu finden. Eventuell greift jemand vermittelnd ein (z.B.: die Eltern ersuchen ihre Kinder, sich wieder zu versöhnen).
Ab Stufe 4 benötigen die betroffenen Parteien Hilfe von außen (z.B.: einen Mediator, Vermittler), um ihren Konflikt lösen zu können.
Ab Stufe 7 kann der Konflikt nur durch einen eine Intervention durch Dritte bzw. einen Machteingriff von außen einer Lösung zugeführt werden (z.B.: eine Friedensmission der UN). Eine Intervention ist zu diesem späten Zeitpunkt ist meist sehr schwierig und risikoreich.
Zusammenfassung der Deeskalation
- Stufe 1-3: Selbsthilfe ist noch möglich
- Stufe 2-3: Hilfe durch Freunde, Familie oder professionelle Moderation
- Stufe 3-5: Hilfe durch externe professionelle Prozessbegleitung
- Stufe 4-6: Hilfe durch externe sozio-therapeutische Prozessbegleitung
- Stufe 5-7: Hilfe durch externe professionelle Mediation
- Stufe 6-8: Hilfe durch ein freiwilliges oder verpflichtendes Schiedsgerichtsverfahren
- Stufe 7-9: Hilfe nur noch durch einen Machteingriff von oben möglich
Quelle: 9 Stufen der Konflikteskalation nach Friedrich Glasl | dieprojektmanager