▶▶ Krankenhausreform: Die Aufnahme der Notfallversorgung als eigenes Leistungssegment im SGB V ist ein Meilenstein.
Als wichtigen Meilenstein hat die Regierungskommission in der vergangenen Woche ihre 15 Seiten umfassende 9. Stellungnahme und Empfehlung zum Rettungsdienst und dessen Finanzierung vorgelegt. Damit werden die Reformvorschläge zur Notfall- und Akutversorgung vom Februar dieses Jahres sinnvoll ergänzt. Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) begrüßt die veröffentlichten Vorschläge ausdrücklich. „Viele schon lange diskutierten und notwendigen Neuerungen werden in der vorliegenden Stellungnahme thematisiert“, sagt DIVI-Präsident Professor Felix Walcher (im Foto oben links). „Dieses Vorhaben wird unsererseits die größtmögliche Unterstützung erfahren“, so der Direktor der Klinik für Unfallchirurgie des Universitätsklinikums Magdeburg. „Es gibt jedoch auch Aspekte, die nicht ausreichend berücksichtigt wurden oder überarbeitet bzw. ergänzt werden müssen.“
Besonders die Aufnahme der Notfallversorgung als eigenes Leistungssegment im SGB V ist ein Meilenstein. „Das fordern viele Expertinnen und Experten seit fast zwei Jahrzehnten!“, freut sich der stellvertretende Sprecher der Sektion Notfall- und Katastrophenmedizin, Bernhard Gliwitzky. „Dass die notwendigen Ergänzungen des jetzigen Systems im Sinne von pflegerischer Notfallversorgung, notfallmäßiger Palliativversorgung und psychiatrisch-psychosozialer Krisenintervention benannt werden, ist ein weiteres wichtiges Signal!“, ergänzt Dr. Janina Bathe, Sprecherin der Sektion.
Durch den Auf- und Ausbau der genannten Strukturen kann eine Entlastung des Rettungsdienstes sowie der Notaufnahmen erreicht werden – was dringend sowie zwingend notwendig ist. Die Vorschläge versprechen Mitarbeitenden die Möglichkeit, sich zukünftig wieder auf die Kernaufgabe konzentrieren zu können: die medizinische Versorgung von Notfallpatienten.
Darüber hinaus nimmt die DIVI die Empfehlung zur strukturierten Einbeziehung der Bevölkerung in die Notfallversorgung unter anderem durch die Einführung von Wiederbelebungsunterricht an Schulen sehr positiv wahr, unterstreicht Professor Bernd Böttiger (im Foto unten links), Vorstandsmitglied der DIVI. „Hierfür macht sich die Fachgesellschaft bereits seit Jahren stark. Durch diesen Schritt könnten alleine 10.000 Menschenleben pro Jahr in Deutschland mehr gerettet werden“, so der Direktor der Klinik für Anästhesiologie und Operativen Intensivmedizin in Köln.
Einführung eines Advanced Care Paramedic ist aus DIVI-Sicht diskussionswürdigAls „diskussionswürdig“ bewerten die Experten der DIVI jedoch den Vorschlag der Einführung eines Advanced Care Paramedic. „Hier muss genau betrachtet werden, welche zusätzliche Aufgaben dieser neue Beruf übernehmen kann und welche Intentionen damit verfolgt werden“, mahnt Frau Dr. Janina Bathe. „Bei einer möglichen Einführung muss das Studium gut geplant sowie eng an medizinische Fakultäten wie auch notfallmedizinische Zentren gebunden sein.“
Generell begrüßt die DIVI selbstverständlich die Förderung der Qualität im Rettungsdienst und die bundesweite Vereinheitlichung der Qualifikation des eingesetzten Personals. Es kommt jedoch bereits jetzt auch bei Notfallsanitätern zu Personalengpässen. „Bereits heute bietet die auf Basis des Pyramidenprozesses entwickelte Kompetenz der Notfallsanitäter eine gute Grundlage“, gibt Sektionssprecher Gliwitzky zu Protokoll. Die Rolle der Notfallsanitäter sei aktuell vielerorts noch nicht voll ausgeschöpft. Trotzdem müsse eine Aufstiegsmöglichkeit für besonders qualifizierte Notfallsanitäter selbstverständlich diskutiert werden, um dauerhaft qualifizierte Kräfte im Beruf zu halten.
Generell betont die Fachgesellschaft der Intensiv- und Notfallmediziner: Der gut qualifizierte Notarzt ist weiterhin ein elementarer und integraler Bestandteil des Rettungsdienstes. Er ist für die Versorgung akut lebensbedrohlich erkrankter Patienten unverzichtbar! Für die Rettungskette gilt es deshalb zu beachten:
- Die Luftrettung ist ein wichtiger Faktor, wird aber nie eine vollumfassende Verfügbarkeit trotz Randzeitenerweiterung und 24-h-Vorhaltung zu allen Zeiten wegen immer wieder vorliegenden Wettereinschränkungen gewährleisten können.
- Die Qualifikationsanforderungen der eingesetzten Notärzte auf den Notarzteinsatzfahrzeugen (NEF) muss weiter erhöht werden.
- Die telenotärztliche Unterstützung ist ein wichtiger Baustein bei der adäquaten Versorgung von Notfallpatienten und sollte entsprechend ausgebaut werden.
So wäre die Verfügbarkeit eines erfahrenen Notfallmediziners auf allen Leitstellen an 365 Tagen im 24-h-System ideal.