💥 "Krimmigration" --- und die Verflechtung des deutschen Strafrechts mit dem Migrationsrecht bis hin zu Verletzungen der Verfahrensrechte ...
wisesociety.it
Blogger
Prolog 1: In den Jahren 1994 bis 2010 war ich beruflich als Füchtlingssozialarbeiter und Konfliktmanager unterwegs. Vorrangig in der Gehstruktur, der aufsuchenden Sozialarbeit, aber auch in administrativer Hinsicht. Ein halbes Jahr zuvor - Juni 1993 - wurde der Artikel 16a in das Deutsche Grundgesetz eingeführt, welcher das grundsätzliche Asylrecht des Artikels 16 (ohne a) einschränkt. Den in 16a heißt es:
Art. 16 GG ist im Grundgesetz seit dessen Inkrafttreten im Jahr 1949 enthalten und verbürgte ursprünglich auch das Recht auf Asyl. Mit dem Asylkompromiss der schwarz-gelben Koalition aus CDU und FDP unter Kanzler Helmut Kohl, wurde dieser Teil mit der Verfassungsänderung durch das Gesetz vom 28. Juni 1993 (Art. 16a) jedoch in den neugeschaffenen Artikel ausgegliedert.
Der ursprüngliche Artikel 16 GG (hier ein Screenshot aus dem Original von 1949):
Ebenfalls 1993 - mit Gültigkeit ab dem 1. Januar 1994 - wurde auch das neue "Asylbewerberleistungsgesetz" geschaffen, welches die sozialen Leistungen für Flüchtlinge vom bisherigen für alle gültigen SGB und Sozialhilfegesetz nicht nur separierte/abkoppelte, sondern die Leistungen um rund 30 Prozent absenkte - bis hin zu dem katastrophalen "Sachleistungsprinzip" = Lebensmittelpakete, welche anfangs keine Rücksicht auf muslimische Essgewohnheiten nahm. Ich kann micht gut an die Riesen-Demo 1994 im Foyer des hiesigen Landratsamtes (mein Arbeitgeber) erinnern, wo Amnesty und Helferkreise gemeinsam mit den Flüchtlingen demonstrierten. "Johnny" ein Flüchtling aus Bosnien mit guten Deutschkenntnissen, der heutige Blogger und der damalige Sozialdezernent (heute Regierungspräsident) verhandelten nebenbei im Büro des Chefs und letztlich konnte eben mit Hilfe aller hier Engagierten, eine Lösung gefunden werden.
Prolog 2: Nicht nur bezüglich der Gesetzesänderungen und den damit einhergehenden Einschränkungen für Menschen auf der Flucht, zeigt sich so eine Art "Klassifizierung", die - sah und sieht man/frau sich bis heute die Praxis an - einen signifikanten Unterschied zwischen "Hiesigen" und Fremden macht.
Dazu kommt nun auch noch, worum es in den folgenden Ausführungen geht. Während meiner dritten beruflichen Laufbahn als Sozialarbeiter/Konfliktmanager (zuvor war ich in den 1970er Jahren Finanzbeamter und in den 1980 bis in die 1990 Jahre hinein, Student der Theologie und Pastoralreferent) war es gesetzlich üblich, den Flüchtlingen vorzuschreiben, in welchem Ort und/oder Landkreis sie sich aufzuhalten haben (Residenzpflicht). Wurden sie aber außerhalb von der Polizei "erwischt", gabs ne Strafe und den "Stempel" = kriminell. Auch die Einreise in die BRD ohne einen Pass galt und gilt als Straftat = kriminell.
Zurzeit weht mit braunem Wind das Unwort "Remigration" durch deutsche Lande. Aber wussten Sie, liebe Leser/innen, dass es auch den juristischen Begriff der "Krimmigration" gibt. Dieses Wort beschreibt die Interaktion, die Verflechtung des deutschen Strafrechtes und des deutschen Migrationsrechtes zu einer wie im Puzzel zusammengesetzten Einheit. Dabei, das sei vorweg angemerkt, kommt es zu mannigfachen Verletzungen der Verfahrensrechte der betroffenen Ausländer.
Ich habe dazu einen sehr guten Beitrag im Internet gefunden, den ich hier nur auszugsweise wiedergebe(n kann) und dies durch . . . kenntlich mache. Texte in eckigen Klammer [ ] sind von mir hinzugefügt. Die Markierungen ebenfalls. ... Wird im Laufe des Tages geschehen ...
Quelle (Krimmigration_+Die+Verwobenheit+strafrechtlicher+mit+migrationsrechtlicher+Kontrolle+unter+besonderer ...)
Krimmigration
Bei ... der Verflechtung [von Straf- und Migrationsrecht], der Verstrafrechtlichung des Migrationsrechts, geht es darum, dass migrationsrechtliche Sachverhalte strafrechtlich gerahmt bzw. kriminalisiert werden. So ist beispielsweise die Einreise ohne eine notwendige Erlaubnis strafbar (§ 95 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 AufenthG), in Deutschland darüber hinaus aber auch der unerlaubte Aufenthalt ... Zwar haben Staatsgrenzen seit jeher Zugehörigkeiten mit unterschiedlichen Rechten und auch Kontrollen impliziert. Mit Krimmigration ist diesbezüglich jedoch der aktuelle Befund gemeint, dass der Ausschluss sich dabei in zunehmendem Maße der Mittel des Strafrechts bedient. Dass die Nichteinhaltung diverser Verstöße gegen migrationsrechtliche Obliegenheiten unter Strafe gestellt ist, wird aus juristischer Sicht zunächst nicht als eine besondere Art oder Tiefe der Verschränkung von Rechtsgebieten gelten können. Es stellt vielmehr sogar eine sehr typische Struktur strafrechtlicher Normierung dar. Häufig werden am Ende eines Gesetzes für in dessen Bereich fallende, besonders schwerwiegende Zuwiderhandlungen neben Ordnungswidrigkeit- auch Straftatbestände vorgesehen. Eine Besonderheit besteht jedoch darin, dass im Migrationsstrafrecht in zentralen Tatbeständen der Aufenthalt einer Person an einem bestimmten Ort unter Strafe gestellt ist, wenn diese Person dafür keine Erlaubnis hat [Residenzpflicht]. Damit entsteht der Zugriff auf die Person als solche, nicht lediglich auf deren Verhalten. Seit Jahrzehnten ist eine migrationskontrollkritische Bewegung unter dem Motto „Kein Mensch ist illegal“ aktiv. Sie stützt sich auf den Ausspruch von Elie Wiesel:
"Ihr sollt wissen, dass kein Mensch illegal ist. Das ist ein Widerspruch in sich. Menschen können schön sein oder noch schöner. Sie können gerecht sein oder ungerecht. Aber illegal? Wie kann ein Mensch illegal sein?“
Man wird die darin enthaltene Anprangerung aus juristischer Sicht für unzutreffend erachten, da es juristisch gerade nicht der Mensch selbst sei, der als illegal betrachtet wird. Andererseits spricht man aber doch bis in juristisch gut informierte Kreise hinein über Personen, die solch ein inkriminiertes Verhalten an den Tag legen, von „Illegalen“. Es sei juristisch aber nur sein Aufenthalt an einem bestimmten Ort ohne Erlaubnis strafbar.
Aus sozialwissenschaftlich-kriminologischer Sicht darf jedoch bemerkt werden, wie nah beides beieinanderliegt. Das gilt erst recht mit Blick darauf, dass das gesamte Aufenthaltsrecht als Verbot mit Erlaubnisvorbehalt konstruiert ist. Mithin ist der Aufenthalt jedweder Person ohne deutschen oder Unionsbürger/-innen-Pass – also dem größten Teil der Menschheit – erst einmal als Regel verboten und bleibt dies, solange er nicht ausnahmsweise auf Antrag im Einzelfall durch den deutschen Staat erlaubt wird.
Die sehr eng an die Person anknüpfende Frage, ob deren Aufenthalt ein erlaubter ist, schafft die systematische Notwendigkeit, die Person zu kontrollieren, die sich einfach nur aufhält – nicht ein Verhalten der Person, sondern die Berechtigung ihres Da-Seins. Die polizeiliche Identifikation migrations(straf)rechtlich verdächtiger Subjekte legt ein racial profiling ... nahe und dieses ist ein Element des als Krimmigrationskontrolle beschriebenen Systems. In der Crimmigration-Literatur (sic.) wird die Grenze in einer neuen Bedeutung mit starker Präsenz im Staatsinneren gesehen. Ihr wird eine weit über ihre ursprüngliche Funktion (Markierung des Staatsgebiets nach außen an dessen fester territorialer Außengrenze) hinausgehende Bedeutung zugeschrieben, ohne letztere aber in ihrer Relevanz abzulösen. Die Grenze etabliert sich danach im Inneren über eine Vielzahl von Pass- und Sicherheitskontrollen ... sowie Überwachungstechnologie. Sie wird aufgrund dessen als „allgegenwärtig“ beschrieben ...
Das bezieht sich auch und gerade auf die doch eigentlich abgeschafften Binnengrenzen der Europäischen Union, wobei die Grenze als weit in das jeweilige Staatsgebiet hineinreichend beschrieben wird. Bestehende großzügige Ermessensspielräume für Akteur/-innen auf den unterschiedlichsten Ebenen sind dann für die Entstehung von Krimmigration zentral, da sie es erlauben, Fälle wahlweise straf- oder aufenthaltsrechtlich zu rahmen ... Über die Konstruktion von „crimmigrant bodies“ in Abgrenzung zu „bona fide global citizens“ werde das Versprechen eines grenzenlosen Europas nur für eine privilegierte Gruppe gewährt, wobei die Privilegierung de facto nicht mit der Unionsbürgerschaft einhergehe [siehe aktuell 2022/24 Flüchtlinge aus der Ukraine].
Während sie zwar formell an die Staatsangehörigkeit anknüpfe, würden über die diskursive Zuschreibung von Kriminalität andere Markierungen deutlich, wie das Beispiel von Roma zeige, die Unionsbürger/-innen sind ... Im Zuge von Krimmigration tritt die Staatsbürgerschaft diesen Analysen zufolge in ihrer Bedeutung letztlich hinter global wirksamen Aus- und Einschlussmechanismen zurück, die zum Beispiel eher an das arbeitsmarktbezogene Potential anknüpfen. Diese Möglichkeit von Kontrollen in rechtlichem Rahmen und das Ermessen straf- und/oder aufenthaltsrechtlich zu reagieren, wird materiell über das Migrationsstrafrecht hergestellt und in Verbindung mit polizeilichen Kontroll- und Eingriffsmöglichkeiten in formeller Hinsicht eröffnet.
Unterschiede bestehen zunächst einmal hinsichtlich der Eingriffsschwelle für Ermittlungsmaßnahmen.
Es geht dabei beispielsweise um Eingriffe, die bei Deutschen nur als strafprozessual veranlasste erlaubt sind, im Migrationsrecht aber bereits ohne einen konkreten Straftatverdacht bzw. im Zusammenhang mit proaktiven Kontrollen, ob ein migrations(straf)rechtlicher Verstoß vorliegt.
Auch das Polizeirecht bietet Spielräume, die für Kontrollen bei Personen genutzt werden können, die in den Augen der Polizei aufenthaltsrechtliche Verstöße begehen könnten, und zwar in aktuell zunehmendem Maße. Es ist mehr als naheliegend, dass die Polizei die Auswahl des dabei kontrollierten Personenkreises unter der Vielzahl der theoretisch kontrollierbaren Personen, unter denen zwingend eine Auswahl getroffen werden muss, an äußeren Merkmalen dieser Personen festmacht. Gerade wenn Kontrollen ohne einen konkreten Verdacht („anlassunabhängig“) stattfinden dürfen, knüpft polizeiliches Handeln an polizeiliches Erfahrungswissen an. Dabei ist ein racial profiling in den Gesetzen angelegt. Deren normative Vorgaben legen es für die Polizei nahe, sich an dem äußeren Erscheinungsbild „wie ein Ausländer“ (in der Vorstellung der kontrollierenden Person) zu orientieren, da im Wesentlichen nur bei Ausländer/-innen ein aufenthaltsrechtlicher Verstoß in Betracht kommt, der auch (nur) über eine Identitätskontrolle aufgedeckt werden kann. Das gilt umso mehr, wenn keine anderen klaren Kriterien für solche Kontrollen im Gesetz vorgegeben sind.
Wie auch sonst übt die Polizei ihre Definitionsmacht anhand für sie alltagstauglicher Kategorisierungen aus ... spricht deswegen für die Polizeiarbeit im Ganzen nicht von ethnic, sondern von social profiling. Durch das Aufenthaltsgesetz ist jedoch vorstrukturiert, dass dabei auch Anhaltspunkte für die Staatsangehörigkeit gesucht werden. Als genuin diskriminierendes Element der Umsetzungspraxis verbleibt dann die Gleichsetzung einer zugeschriebenen fremden Ethnizität mit einer anderen als der deutschen Staatsangehörigkeit. Zwar ist die Annahme eines solchen Zusammenhangs empirisch in vielen Fällen in beide Richtungen unzutreffend, aber sie erweist sich doch im Alltag der Polizei auch immer wieder als taugliches Kriterium, da sie bei jedem „Treffer“ bestätigt erscheint. Damit ist entsprechendes Polizeihandeln keineswegs gerechtfertigt, aber auch nicht notwendigerweise im Sinne eines individuellen Rassismus-Vorwurfes zu verstehen. Vielmehr handelt es sich bei den erwähnten Regelungen um einen Stab des oben erwähnten Vogelkäfigs. Die aufenthaltsrechtlichen Regelungen erfahren ihre Praxiswirksamkeit erst in Verbindung mit Kontrollbefugnissen der Polizei. Identitätsfeststellungen auf polizeirechtlicher Grundlage sind auch gegenüber Nichtstörern und außerhalb konkreter Gefahrenlagen etwa im Rahmen der Identitätsfeststellung an sogenannten gefährlichen Orten möglich. Die Polizeigesetze enthalten nicht den Begriff, aber Typisierungen „gefährlicher Orte“. An diesen soll aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte erfahrungsgemäß anzunehmen sein, dass dort Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder Straftäter sich verbergen. [siehe auch Bahnhofsgelände grundsätzlich].
Zudem sind in den Polizeigesetzen Identitätsfeststellungen an Orten vorgesehen, an denen sich Personen ohne die erforderliche Aufenthaltserlaubnis treffen. Diese Vorschrift dient dem Zweck der Bekämpfung illegaler Zuwanderung und ihre Formulierung als eine ortsbezogene – als gäbe es typischerweise Versammlungen von Personen ohne Aufenthaltstitel – ist eine nur wenig verklausulierte Formulierung, die verdachtsunabhängige Kontrollen anhand des äußeren Erscheinungsbilds nahelegt. Neuere polizeirechtliche Regelungen gehen noch weit darüber hinaus. ... So erlaubt etwa das nordrhein-westfälische Polizeigesetz nunmehr die „strategische Fahndung" in einem behördlich festgelegten Gebiet. Dort können dann Personen ohne konkreten Verdacht angehalten, ihre Identität festgestellt, Sachen sowie PKW gesichtet und geöffnet werden (§ 12a PolG NRW). Die Regelung wurde im Gesetzesentwurf als zur Bekämpfung des Terrorismus notwendig begründet ... In der Regelung selbst wird dies dann allerdings auf die Verhütung von „Straftaten von erheblicher Bedeutung“ sowie „gewerbs- oder bandenmäßig begangener grenzüberschreitender Kriminalität“ und die „Unterbindung des unerlaubten Aufenthalts“ erweitert.
Aufgrund von letzterem handelt es sich auch um Krimmigrationsrecht im engeren Sinne. Zwar steht die Regelung im Polizeigesetz, sie hat jedoch eine repressive Ausrichtung. Da es sich bei unerlaubtem Aufenthalt (§ 95 Abs. 1 Nr. 2 oder Abs. 6 AufenthG) um ein Unterlassungsdelikt handelt, kann er durch polizeiliche Intervention nicht präventiv verhindert, sondern lediglich strafrechtlich verfolgt werden ... Das Krimmigrationsrecht im weiteren Sinne, also mit Blick auf die Verflechtung präventivpolizeirechtlicher Eingriffsbefugnisse mit migrationsrechtlichen Regelungen, hat aber ebenfalls erheblich an Bedeutung gewonnen. Dies bedarf jedoch einer eigenständigen Analyse, die im vorliegenden Rahmen nicht geleistet werden kann.
Polizeiliche Identitätsfeststellungen erlangen aber auch für das hier behandelte Thema von Krimmigration im engeren Sinne, also der Verflechtung von Migrationskontrolle mit strafrechtlicher Verfolgung von Kriminalität, eine noch weitergehende Bedeutung, insbesondere in Verbindung mit strafprozessualen Maßnahmen ... Die Feststellung der Personalien bei einer Person erhöht schlicht die Wahrscheinlichkeit weiterer Eingriffe. Denn es kann sein, dass bezüglich der Personalien selbst Unregelmäßigkeiten aufscheinen, dass ein aufenthaltsrechtlich veranlasstes Papier (Duldung, Aufenthaltsgestattung, Grenzübertrittsbescheinigung, Ankunftsnachweis, elektronischer Aufenthaltstitel usw.) nicht mehr gültig ist oder dieses sonst Anlass zu weitergehenden Kontrollen bietet.
Es kann sein, dass ein Fahndungsersuchen zutage tritt. Dieses kann auch migrationsrechtlicher Natur sein. Soeben wurden durch das Zweite Datenaustauschverbesserungsgesetz die Zugriffsmöglichkeiten auf Daten des Ausländerzentralregisters ganz erheblich ausgeweitet. Damit besteht nun eine bundesweite, zentrale Erfassung der Daten über Ausländer/-innen mit Zugang für eine Vielzahl von Behörden einschließlich der Polizei ... Es handelt sich dabei um das Gesetz, auf das sich die Bemerkung des Bundesinnenministers, Horst Seehofer (CSU), bezog:
„Das Gesetz nennt man Datenaustauschgesetz. Ganz stillschweigend eingebracht. Wahrscheinlich deshalb stillschweigend, weil es kompliziert ist, das erregt nicht so. Ich hab' jetzt die Erfahrung gemacht in den letzten 15 Monaten: Man muss Gesetze komplizierter machen (lacht).“ (https://twitter.com/ARD_BaB/status/ 1136652811045941249 [Abruf: 25.09.2019])
Eine kriminologische Analyse von Krimmigration muss sich daher mit solchen – offenbar auch absichtlich eingebauten – Komplikationen auseinandersetzen und die Tiefenstruktur von Gesetzen und deren Zusammenwirken erfassen, um sich dem strukturellen Rahmen zu nähern, der behördlichem Handeln in diesem Zusammenhang vorgegeben wird. Diese ergibt sich gerade aus der Verflechtung der unterschiedlichen Rechtsgebiete miteinander. So erhielt etwa die Bundespolizei durch schlichte Einfügung des Wörtchens „Bundespolizei“ in § 73 AufenthG Zugang zu einem sehr detaillierten aufenthaltsrechtlichen Datenbestand Bundespolizei (§ 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG) sowie die Länderpolizeien.
Die entsprechenden Regelungen erlauben es, einen „Fahndungsschleier“ über das Land zu legen, der aber entgegen der Bezeichnung als „Fahndung“ ganz überwiegend rein präventiven Charakter hat. Abgezielt werden soll dabei auf die Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität bzw. die Verfolgung und Verhütung von Straftaten von erheblicher Bedeutung mit internationalem Bezug. Erlaubt sind in diesem Zusammenhang anlassunabhängige Personenkontrollen, die allein an den Aufenthaltsort einer Person anknüpfen. Dadurch ist eine praktisch flächendeckende Kontrolle des öffentlichen Raums möglich, denn die Schleierfahndung ist im Grenzgebiet bis zu 30 km in das Innere von Staaten erlaubt, die an der deutschen Außengrenze liegen. Zudem sind Orte wie Bahnhöfe, Fernzüge, Autobahnen, Raststätten, Durchgangsstraßen usw. einbezogen. Die Polizei muss diesen Orten dafür noch nicht einmal, wie bei den „gefährlichen Orten“ eine kriminogene Valenz zuschreiben ... Die Kontrollbefugnisse werden als Kompensation der Abschaffung der Grenzkontrollen an den Binnengrenzen im Schengenraum verstanden.
... ... ...