Hat CORRECTIV korrekt über das Potsdamer Treffen berichtet? - Hier alle Fragen und Antworten ... "Es ist nie umsonst, gegen Rechts zu demonstrieren!"
heute erhielt ich auf Facebook eine Nachricht, die sich wie folgt gestaltete:
Ich werde darauf nicht antworten, jedenfalls nicht bei FB, weil mir das zu blöd ist. Aber hier möchte ich dennoch zwei Dinge dazu sagen. Es ist nie "umsonst" gegen Rechts, gegen Faschisten, gegen die AfD zu demonstrieren. Weder in Ravensburg, noch in Wangen, noch in Bad Waldsee, oder Ulm oder um Ulm herum. Niemals! Das andere ist diese Recherche, die zum einen ergeben hat, dass es keine Meldung gibt, die den obigen FB-Post bestätigen könnte, und zu anderen gebe ich hier wieder, was CORRECTIV zu den Zweifeln ihrer Berichterstattung zu sagen hat.
Dann ist mir noch wichtig, das Folgende zu betonen. Die AfD und andere Kräfte beschweren sich über "Bespitzelung ihres Treffens" (womit sie implizit zugibt, dass es stattgefunden hat) in der Weise, dass diese den Stasimethoden zu DDR-Zeiten gleiche. Dazu ist von mir zu bemerken, dass die Stasi dazu da war, demokratische Kräfte zu entlarven und zu vertilgen. Heute in der BRD ist es genau umgekehrt. Die "corrective" Mitarbeiter/innen waren aktiv, um die Kräfte, welche die Demokratie zerstören wollen, zu entlarven.
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Nach Veröffentlichung der Recherche „Geheimplan gegen Deutschland“ erreichen uns neugierige, manchmal auch skeptische Fragen. Das ist verständlich. Wir haben die wichtigsten Fragen gesammelt und beantworten sie hier. Schicken Sie uns gerne weitere Fragen per Mail an info@correctiv.org
19. Januar 2024Nach Veröffentlichung der Recherche „Geheimplan gegen Deutschland" erreichen uns neugierige, manchmal auch skeptische Fragen. Das ist verständlich. Wir haben die wichtigsten Fragen gesammelt und beantworten sie hier.
- War das Treffen gar nicht geheim?
- Was ist neu an der Recherche?
- Können wir belegen, was in dem Treffen gesagt wurde?
- Warum wurden nicht mehr Fotos oder Video veröffentlicht?
- Was haben die Teilnehmenden zu den Erkenntnissen der Recherche geantwortet?
- Hat CORRECTIV eine politische Haltung zur Diskussion um ein AfD-Verbotsverfahren?
- Wie ist CORRECTIV finanziert?
- Wieso hat CORRECTIV nicht sofort veröffentlicht, was dort besprochen wurde?
- Warum geht es bei eurer Recherche nicht mehr um die Rolle der CDU-Mitglieder, die am Treffen teilnahmen?
War das Treffen gar nicht geheim?
Doch. Aus den beiden Einladungsbriefen, die uns zugespielt wurden, geht eindeutig hervor: Das Treffen sollte nicht öffentlich bekannt werden. Darin steht: „Die Teilnehmer unserer privaten Treffen schätzen besonders den konstruktiv-vertraulichen Gedankenaustausch und die inspirierenden Ideen aus den Kurzvorträgen.“ Und weiter: „Falls Du weitere Persönlichkeiten kennst, für die Du bürgen kannst, freuen wir uns über einen entsprechenden Hinweis.“
Auch während des Treffens wies der Veranstalter auf die absolute Vertraulichkeit der Gespräche hin. Für den geheimen Charakter spricht auch dies: Eingeladen hatte das „Düsseldorfer Forum“. Dabei handelt es sich um eine Gruppierung, die offenbar vor allem der bekannte rechtsextreme ehemalige Zahnarzt Gernot Mörig organisiert. Sie ist den Verfassungsschutzbehörden schon länger als Veranstalter konspirativer Treffen bekannt, in denen völkisch-nationales Gedankengut verbreitet werden soll.
Die AfD benutzt doch schon länger den Begriff „Remigration“. Was also ist neu an der Recherche?Wenn die AfD öffentlich über „Remigration“ spricht, benutzt sie diesen Begriff anders als im Geheimtreffen. Offiziell spricht die Partei in ihren Stellungnahmen davon: Sie wolle dafür sorgen, dass straffällig gewordene Asylbewerber oder geduldete Schutzsuchende Deutschland verlassen.
Beim Treffen in Potsdam dagegen wurde der Begriff für etwas ganz anderes genutzt: Die Teilnehmer an der Runde sprachen explizit darüber, dass deutsche Staatsbürger mit Zuwanderungsgeschichte dazu gedrängt werden sollten, das Land freiwillig zu verlassen. Der bekannte Neonazi Martin Sellner, der ja den Hauptvortrag auf dem Treffen hielt, vertritt diese These in seinem Buch. Er spricht von mehreren Gruppen, die aus dem Land vertrieben werden sollen. Dass sich nun AfD-Politiker aus dem Bundestag, aus dem Umfeld des Bundesvorstandes und ein Fraktionsvorsitzender offensiv mit der Umsetzung seines Planes befassen, war der Öffentlichkeit bisher nicht bekannt.
Ursprünglich war Remigration übrigens ein neutraler Begriff. Migrationsforscher beschreiben damit Wanderungsbewegungen zwischen Staaten, bei denen Menschen nach langen Zeitspannen in ihr Herkunftsland zurückkehren. Erst später wurde er von Rechtsextremen ideologisch aufgeladen.
Können wir belegen, was in dem Treffen gesagt wurde?Für jene, die an der Glaubhaftigkeit unserer Schilderungen zweifeln: Bis heute hat keiner der Teilnehmenden an dem Treffen bestritten, dort über Pläne, Menschen aus Deutschland zu drängen, beraten zu haben. Martin Sellner selbst hat nach der Veröffentlichung seine Thesen erneut bestätigt. Im Nachgang der Recherche brüsten sich sogar AfD-Politiker damit, dass solche Pläne doch längst Ziele der Partei seien. Bemerkenswert ist zudem, dass sich Alice Weidel nach Veröffentlichung der Recherche von ihrem Mitarbeiter Roland Hartwig, der aktiv an dem Treffen teilgenommen hatte, trennte.
Wir haben sehr zuverlässige Quellen und daher überhaupt keinen Zweifel daran, dass unsere Darstellung dessen stimmt, was bei dem Treffen gesagt wurde. Die Dokumente wie die Einladungsschreiben, die wir zitieren, liegen uns zudem vor. Über unsere Quellen können wir allerdings keine Auskunft geben, denn Quellenschutz ist ein elementarer Grundsatz im Investigativjournalismus, um diese nicht in Gefahr zu bringen. Würden wir unsere Quellen nicht schützen, würden uns Menschen, die sich mit brisanten Informationen an uns wenden, nicht mehr vertrauen.
Warum wurden nicht mehr Fotos oder Video veröffentlicht?Wir haben die Fotos der Personen, die wir in dem Text beschreiben, veröffentlicht. Im Hotel haben wir kurze Video-Sequenzen drehen können, die für den Text nicht relevant sind. Wir haben uns dafür entschieden, die verwackelten Bilder vor allem für Video-Beiträge zur Recherche zu nutzen.
Was haben die Teilnehmenden zu den Erkenntnissen der Recherche geantwortet? Haben Sie rechtliche Schritte gegen CORRECTIV eingeleitet?Mehrere Teilnehmende antworteten uns auf unsere Fragen zu den Rechercheergebnissen oder später in sozialen Netzwerken: Sie seien als „Privatperson“ bei dem Treffen gewesen und nicht als politische Mandatsträger, und hätten aus ihrer Sicht nicht, wie sie sagen, „bespitzelt“ werden dürfen.
Unsere journalistische Haltung dazu ist: Bei einer Zusammenkunft, in der es um rein politische, verfassungsrechtlich hochrelevante Inhalte geht, können sich Politikerinnen und Politiker nicht darauf berufen, privat und nicht beruflich dort gewesen zu sein.
Unseres Wissens nach gibt es eine Strafanzeige der AfD-Politikerin Gerrit Huy. Wenn wir weitere Kenntnisse dazu haben, werden wir das hier auch ergänzen.
Hat CORRECTIV eine politische Haltung zur Diskussion um ein AfD-Verbotsverfahren?CORRECTIV hat eine politische Grundhaltung: Jede und jeder Einzelne hat die Verantwortung, am Erhalt der Demokratie mitzuwirken. Dabei fällt den Medien, zu denen auch wir gehören, die Verantwortung zu, mögliche Bedrohungen für die Demokratie sichtbar zu machen. Dies tun wir durch unsere Recherchen.
Es gehört dagegen nicht zu unserer Rolle als Investigativjournalisten, Rechercheergebnisse mit Meinungen aufzuladen. Jeder und jede kann eine begründete Einzelmeinung formulieren, etwa wenn es darum geht, die Ergebnisse einer Recherche zu bewerten, auch wenn es zum Beispiel Anfragen von anderen Medien oder Organisationen gibt. So auch zu einem möglichen Verbotsverfahren.
Wie ist CORRECTIV finanziert?Mit unserer Arbeit setzen wir uns für Transparenz, die Enthüllung systematischer Missstände sowie freien Zugang zu Informationen ein. Der Anspruch auf Transparenz beginnt bei uns selbst. Hier finden Sie zentrale Fragen und Antworten zu unserer Arbeitsweise und Finanzierung.
Wieso hat CORRECTIV nicht sofort veröffentlicht, was dort besprochen wurde?Sorgfältige Recherche braucht Zeit. Unter anderem haben wir uns die nötige Zeit genommen, die Dokumente, Bilder und weitere Belege auszuwerten. Außerdem haben wir die Teilnehmenden an dem Treffen vor der Veröffentlichung befragt. Als die Recherche abgeschlossen und wir auch eine sorgfältige rechtliche Prüfung durchgeführt hatten, haben wir sie veröffentlicht.
Warum geht es bei eurer Recherche nicht mehr um die Rolle der CDU-Mitglieder, die am Treffen teilnahmen?Die von uns im Text erwähnten CDU-Mitglieder hatten bei dem Treffen keine aktive Rolle; anders als die AfD-Politiker, von denen einige selbst Vorträge hielten. Zudem haben sie in der Partei keine herausgehobenen Ämter. Wir hatten beide namentlich erwähnt, insofern liegt es an der CDU, daraus Schlussfolgerungen zu ziehen.
Auf dieser Seite berichten wir fortlaufend über Reaktionen und Folgen seit der Veröffentlichung. Wenn Sie offene Fragen zur Recherche haben, melden Sie sich gerne unter info@correctiv.org