Blogger: Wie ich den RAVE-"Tatort" vor 31/30 Jahren erlebte ...
Sehr gut kann ich mich daran erinnern, dass ich am Rosenmontag 1993, es war der 22. Februar, dick eingepackt gen Hirschegg wanderte. Es war kalt, blauer Himmel, und es lag jede Menge Schnee. Als ich so halber auf dem Buckel ankam, setzte ich mich dort auf eine meiner Lieblingsbänke und zündete mir mein Pfeifchen an. Ich hatte mir das Rauchen nach 15-jähriger Abstinenz wieder angewöhnt - aber dazu später.
Von hier oben hatte ich einen prächtigen Blick hinunter ins "Schussental" und der Lärm des Rosenmontagsumzugs der Ravensburger plus tausender Gäste schallte zu mir hinauf. Während dieses Getöses - das wusste ich - drehte der SWR einen Bienzle-Tatort. Das war es sicher interessant, dabei zu sein. Aber zu jener Zeit war mir ganz und gar nicht zum Feiern und Vergnügen zu Mute. Nicht nur weil ich ein flensburg-schleswiger Fischkopp bin, sondern weil ich als arbeitsloser Familienvater mit Frau und zwei kleinen Kindern, ziemlich down war. Das war übrigens auch der Grund, warum ich wieder mit dem Rauchen angefangen hatte.
Der Anlass für meinen Jobverlust war der, dass ich es als Pastoralreferent gewagt hatte, eine von mir verlangte "Amtshandlung" aus Gewissengründen abzulehnen. Das und der daraus entstehende Konflikt kosteten mich mein Predigeramt. Doch - um es gleich an dieser Stelle zu sagen - gibt es wohl JEmanden, der sein Bodenpersonal nicht im Stich lässt. Denn ein (1) Jahr später stand ich wieder in "Lohn und Brot" auf einem anderen, aber sehr sozialen Arbeitsfeld.
Zu diesem Zeitpunkt wurde dann auch der Ravensburger Tatort in der ARD bundesweit ausgestrahlt. Immerhin mit einem der besten Tatortkommissare, die es je gab - finde ich jedenfalls. Denn Ernst Bienzle aus Stuttgart - ein echter Schwabe - war und blieb gelassen und immer für einen Nebentatort mit seiner Freundin Hannelore bereit. Sein Lieblingsspruch war: "Oh, du liabs Herrgöttle von Biber(b)ach, wia hent di d’ Mucka verschissa!“
Kommissar Bienzles Erkennungszeichen waren Hut und Mantel und werden seit Februar 2007 im Haus der Geschichte in Stuttgart ausgestellt. Im selben Jahr wurde Darsteller Dietz-Werner Steck (er verstarb an Silvester 2016) für seine Verdienste um das Ansehen der baden-württembergischen Polizei zum Ehrenkommissar ernannt. 2002 erhielt er für seine schauspielerische Leistung im Tatort die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg. Die Folge Bienzle und der Tod im Weinberg wurde mit der „Goldenen Romy 2007“ in der Kategorie „Bestes Drehbuch“ ausgezeichnet.
Das allerdings erreichte der Ravensburger Tatort "Bienzle und das Narrenspiel" zwar nicht, aber so schlecht, wie manche ihn gesehen haben, kam er bei mir nicht rüber. In einer Filmkritik dazu heißt es: "Tatort: Bienzle und das Narrenspiel: Stuttgarts Tatort-Kommissar Bienzle sieht sich in der Provinz mit einem im Fastnachts-Getümmel verübten Mord konfrontiert. Der erfahrene „Tatort“-Regisseur Hartmut Griesmayr drehte diese 1993er-Folge der deutschen TV-Krimi-Reihe schlechthin. Das Drehbuch von Felix Huby, ebenfalls ein „alter Hase“ in der Sache, baut gute neue Ideen in allgemein bekannte Krimi-Muster ein. An der Seite von Dietz Werner Steck in der Rolle des ganz eigenen Charakters Bienzle treten unter anderem Robert Atzorn ..."
Und nicht zu vergessen: Der Film mit Unterstützung der Schwarze Veri Zunft e. V. gedreht. Dem Mörder im Film dient ein sogenanntes Narrenhäs als Verkleidung. Da keine Narrenzunft ihre Figuren als Mörder dargestellt wissen wollte, wurde vom Ravensburger Zunftmeister Otto Lutz die Maskengruppe der „Butzhansel“ nur für den Einsatz im Tatort geschaffen. Die Gruppe wirkte dann 1993 an einem Teil des Umzugsweges des Narrensprungs in Ravensburg mit und zog dabei mehrfach an den Kameras vorbei. Die nur für den einmaligen Auftritt konzipierte Narrenfigur gefiel den Ravensburger Narren dann aber so gut, dass sie einige Jahre später von der Ravensburger Schwarze Veri Zunft auch offiziell aufgenommen wurde.
Mit Respekt und "In memoriam" Dietz-Werner Steck.
Stefan Weinert, Ravensburg