😒Neue Opfer der Q-Denker: Ist's nicht Corona oder die Klimabewegung, dann sind's die Wettermoderator/innen im TV
Deutschlands Meteorologen müssen sich nicht nur mit dem Wetter auseinandersetzen, sondern auch mit lauten Kritikern. Argumente liefern die nicht.
Berlin – Das Wetter in diesem Sommer ist echt nichts für schwache Nerven. Mal tagelang brütende Hitze ohne Aussicht auf ein laues Lüftchen, das für ein bisschen Abkühlung sorgen könnte. Dann wieder Dauerregen unter dichten Wolken, mit Temperaturen, für sich selbst mancher Herbsttag schämen würde.
Meteorologen kassieren laute Kritik: „Marionette der Klimahysteriker“Doch nicht nur das Wetter scheint immer mehr verrückt zu spielen. So berichtet die Tagesschau über öffentliche Anfeindungen, mit denen sich einige der bekanntesten Meteorologen Deutschlands auseinandersetzen müssten. In sozialen Netzwerken werde diesen regelrecht entgegen gebrüllt: „Warum machen Sie sich zur Marionette der Klimahysteriker?“ Oder: „Ein weiteres Mietmaul, dem man nicht mehr zuzuhören braucht.“ Genauso wie: „Ein Systemschwätzer ist er, sonst nichts.“
Mit derlei Anfeindungen würden sich Karsten Schwanke, der das Wetter in den ARD-Nachrichtensendungen moderiert, und auch Özden Terli, sein Pendant beim ZDF, konfrontiert sehen. Wohl vor allem von Bürgern, die den Klimawandel leugnen oder als naturgegeben hinnehmen.
Deshalb versucht sich Terli an diesem Erklärungsversuch: „Klima und Wetter sind unterschiedliche Dinge, aber das Klimasystem, das sich verändert, wirkt auf das Wetter, und somit gibt es Veränderungen in den Wettersystemen. Und dieser Zusammenhang ist einfach wichtig herauszuarbeiten.“ Schwanke betont, vor einigen Jahren hätten noch kritische Fragen zu wissenschaftlichen Erkenntnissen im Mittelpunkt gestanden. Nun würden ihn vor allem Diffamierungen und Einschüchterungsversuche erwarten.
Philipp Schmid vom Institute for Planetary Behaviour an der Universität Erfurt sieht darin eine typische Strategie von Wissenschaftsleugnern. „Das sogenannte ‚Argumentum ad hominem‘: Man versucht abzulenken vom eigentlichen Argument, wenn es sehr wenig bis keine Gegenargumente gibt, und versucht stattdessen, Charakteristika der Personen anzugreifen“, beschreibt der Psychologe das Phänomen.
Ähnlich sei es bereits zu Zeiten der Corona-Pandemie gewesen. Damals machten vor allem die Impfskeptiker von sich reden. Laut der Tagesschau ist auch in Spanien oder den USA zu beobachten, dass sich Angriffe auf Meteorologen häufen würden. Gerade die Wetterexperten, die im Fernsehen auftreten, würden mit Beleidigungen, der Unterstellung von Lügen, Drohungen und sogar rassistischen Anfeindungen angegangen.
Im Fall der erwähnten Moderatoren Schwanke und Terli kämen noch Gegner des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks hinzu. Auch diese sind seit Corona lauter geworden.
Video: Turbulente nächste Woche mit UnwetterpotenzialMeteorologe schildert die Vorwürfe: „Wir würden bezahlte Propaganda verbreiten“Meteorologen von deutschen Privatsendern seien aber ebenso Ziele von zunehmenden Diffamierungen. Laut einer Sprecherin von wetter.com, wo die Wettershows der ProSieben-Sat.1-Gruppe produziert werden, sei die Thematik in der Redaktion bekannt, diese Beschimpfungen würden aber auch über den Kundendienst eingehen.
„Es heißt immer öfter, wir würden bezahlte Propaganda verbreiten, die Klimakrise überdramatisieren, sollten runterkommen von unserer linksgrünen Ideologie“, schildert Alban Burster, der für ProSieben und Sat.1 die Wettervorhersagen moderiert, das Vorgehen der lauten Minderheit. Gerade in den sozialen Netzwerken habe sich der Ton noch einmal deutlich verschärft.
Mit Folgen für Bursters Auftritte: „Das geht so weit, dass ich mit besonderem Fingerspitzengefühl formuliere, um keinen Shitstorm zu riskieren.“ Die Meteorologen sehen aber auch die Politik und die Medien in der Pflicht. Denn im öffentlichen Diskurs werde die Klimaerwärmung ihrer Meinung nach immer wieder verharmlost.
Heftige Angriffe gegen Wetterexperten: „Klimaschutz wird als links-grün-versifft bezeichnet“Schwanke moniert in einem ARD-Bericht: „Dass Klimaschutz oft auch in konservativen Kreisen als etwas Links-grün-versifftes bezeichnet wird, ist aus meiner Sicht eine der größten Hürden. Es ist ein riesiges Problem, dass dort dieses Label draufsteht, weil dann verliere ich einen großen – den bewusst konservativen – Teil der Bevölkerung.“ Terli stellt dazu klar: „Physik ist nicht links.“
Psychologe Schmid betont gerade auch die Rolle rechtspopulistischer Parteien hinter den zunehmenden Angriffen gegen wissenschaftlich etablierte Positionen: „Die Idee dahinter ist, so eine Art ‚Anything goes‘-Charakter zu kreieren. Das bedeutet, wenn man nichts mehr glauben kann, nicht mal mehr der wissenschaftlichen Datenlage, dann kann ich die Leute mit allem füttern.“ Letztlich gehe es ihnen darum, dass wissenschaftliche Fakten nicht weiterverbreitet werden.
Jährliche mittlere Tagesmitteltemperatur in Deutschland im VergleichSchwanke entgegnet Kritikern: „Messwerte sind korrekt“Terli hat auf die jüngste Entwicklung reagiert, indem er die Kommentarfunktion seines Twitter-Accounts einschränkt. Möglich sei auch, dass er sich komplett aus dem mittlerweile von Elon Musk geführten Netzwerk zurückzieht.
Einschüchtern lassen will er sich aber nicht: „Wenn Fakten nicht mehr ernst genommen und weichgekocht werden, dann haben wir ein gewaltiges Problem in unserer Gesellschaft, das weit über die Thematik der Wissenschaftsleugnung hinausgeht.“
Schwanke nimmt sich vor, den argumentationslosen Kritikern weiterhin mit Klimafakten die Stirn zu bieten: „Es gibt eine ziemlich starke Front von Menschen, die lauthals dagegen poltern und das einfach als Lüge bezeichnen und sagen: Das gibt es nicht. Dann fühle ich mich berufen zu sagen: Nein, das stimmt. Wir sehen es an den Messwerten und diese Messwerte sind korrekt.“ (mg)